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Steuerhinterziehung, Selbstanzeige, Haftstrafe - Klassentreffen im Gefängnis

Halt. Stop. Wie gehen diese Begriffe und die Überschriften zusammen? Und warum das alles unter der Hauptunterschrift FITNESS? Sicher hat dieser Artikel mit der aktuellen Situation und mit Prominenten wie Hoeneß, Schwarzer und ganz aktuell Krätz zu tun.

Fangen wir an mit der Steuerhinterziehung: Mit Fitness hat das wohl wenig zu tun. Aber steuer- ehrlich zu sein oder es wieder zu werden, macht ganz bestimmt fit. Uli Hoeneß hat seine Haftstrafe angenommen, ich denke in dem Wissen, dass, wenn die vorüber ist, er auch wieder fitter leben kann. Selbstanzeige, auch das haben wir im Zusammenhang mit Uli Hoeneß erfahren, braucht richtig fitte Spezialisten, gute Steuerberaterinnen und Steuerberater. Wer hier Fehler macht, gefährdet seine Mandanten und macht sich mitschuldig. Dass es in diesem so prominenten Fall zu einer Haftstrafe gekommen ist, hat viele überrascht. Mit einer korrekten Selbstanzeige wäre es nach aktuellem Rechtsstand nicht dazu gekommen.

Weil ich gerade vor wenigen Wochen bei meinem Klassentreffen die JVA Würzburg besichtigen durfte und, weil die Eindrücke noch so frisch sind, möchte ich Ihnen den Artikel von Dr. Albin Friedrich, unserem Präsidenten der Abituria ´76 aus Münnerstadt, nicht vorenthalten. Er schildert sehr eindringlich, was wir im Gefängnis erlebt haben. Und er zeigt, dass die ganze Situation in einem Gefängnis sicher nicht einfach ist. Soweit also die Idee und die Erklärung für die Über- schriften und jetzt im Anschluss der Bericht von Dr. Albin Friedrich wie folgt:

Um einmal ein »Gefängnisgefühl« zu bekommen, hat die Abituria ‘76 in der JVA in Würzburg an einer Besichtigung teilgenommen. J., ein Kind der Abituria ist dort als katholischer Gefängnisseel- sorger tätig. So hatten wir quasi einen eigenen Schlüssel, mit dem während der Besichtigung viele Türen/Tore geöffnet und geschlossen werden mussten. Gefangene, Menschen im Vollzug, Menschen in Sicherheitsverwahrung, im Regel- vollzug, in der Untersuchungshaft, im Arrest, in der Sicherheitshaft und in der Jugenduntersuchungs- haft, Mörder, Diebe oder sonstige Personen, die mit dem Gesetz in Konflikt stehen, haben wir nur aus der Ferne gesehen. So hat das gesamte Gebäude, auch weil Wochenende war, sehr einsam und leblos gewirkt, obwohl viele Zellen besetzt waren. Aber das muss einem wirklich klar sein, und das widerspricht

manchmal dem was man im Fernseher sehen kann: Wenn du einsitzt, dann bist du wirklich in der Zelle. Dort bist du den gesamten Tag, auch in der Nacht, auch zum Essen. Und nur selten ist die Gelegenheit, mal nach draußen zu gehen, zu einer Stunde Freigang, in den Aufenthaltsraum, in die Messe, in die Bibliothek, zu den Gesprächen mit dem Rechtsanwalt oder zum Arztgang. Besser haben es die Gefangenen, die arbeiten können und dürfen. Die haben wenigstens etwas positive Struktur. Es gibt einige Angebote für die Insassen von der Anstalt aus. Am meisten wird jedoch die Muckibude benutzt, weniger die geistigen oder sonstigen fördernden Angebote. Körperliche Kraft scheint dort im Gefängnis etwas zu sein, was man braucht, um sich aus der Masse hervorzuheben.

A. hat sich die Frage gestellt: Was wäre, wenn ich ‘mal für ein halbes Jahr im Gefängnis wäre, abgeschottet von der Außenwelt. Nichts stört und ich kann machen, was ich will? Hört sich erst mal gut an. Aber im Gefängnis machen was ich will, das ist nicht möglich. Es gibt strenge Regularien und Abläufe und eigentlich kann man selber nichts bestimmen, außer wann man aufs Klo geht und das steht auch in der Zelle. Wer gegen die Regularien verstößt, landet im Arrest, was nochmals eine Verschärfung des Wegschlusses ist. Eine Zelle ist ein funktioneller, nüchterner Raum mit, je nach dem, Doppelbett, Tisch, Stuhl und Schrank und in der Ecke ein Waschbecken und eine offene Toilette. Auch prominente Gefangene sollen denselben Einrichtungsstatus und dieselben Bedingungen haben, das kann ich mir nicht so gut vorstellen.
Inspiration für den Kopf bietet höchsten der Zellengenosse, der Fernseher (Ich weiß nicht, ob die Sehzeit begrenzt ist.) und der Blick durch die Stäbe, je nachdem auf den Himmel, das Nachbargebäude oder in die Ferne, wo man sich das normale Leben vorstellt. Also lieber nicht einsitzen, und wenn eine Abschottung mal notwendig ist, tut es vielleicht auch mal eine Exerzitienwoche oder Meditationswoche in einem Kloster. Oh je, ziemlich bedrückend, aber auch eindrucksvoll, wie diese Gebäude errichtet sind. Modern, aber die Mauer außen herum, der Stacheldraht, die Stäbe, die Überwachung, alles sehr sehr beklemmend. Ich glaube, sogar dort zu arbeiten muss beklemmend sein. Ich weiß nicht, wie der J. das jeden Tag schafft, wie er ausblenden muss, dass er selber im Gefängnis ist, während er arbeitet.

Autor/Textnachweis: Thomas Rösch

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