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Buchvorstellung: Volker Busch Kopf frei!

Wir zitieren wörtlich aus dem empfehlenswerten Buch von Prof. Dr. Volker Busch und möchten Ihnen sein angenehm lesbares Buch als Sommerlektüre hier vorstellen.

Mittlerweile bin ich selbst Oberarzt und nach einer gemeinsamen Visite frage ich meine Studenten immer 'mal wieder ganz gerne, welche Bücher die Patienten lesen würden, die wir gerade im Zimmer besuchten. In der Regel ernte ich verdutzte Blicke und ein Achselzucken. Meistens entgegnen mir die Studenten, sie hätten nicht auf den Nachttisch am Bett geachtet, da sie während des Patientengesprächs Eintragungen ins Laptop gemacht hätten. Dabei wäre die aufmerksame Beobachtung der unmittelbaren Lebensumstände immens wichtig, um sich ein exaktes Bild von den Menschen zu machen, denen man helfen möchte. So sagen nämlich die Bücher, die die Patienten lesen, etwas über die Gedanken aus, mit denen sie abends einschlafen. Das sind wertvolle Informationen, die die elektronische Krankenakte nicht liefert, sondern nur die aufmerksame Beobachtung. Sie helfen uns, die Erlebniswelt von Patienten zu verstehen oder Beweggründe für ihr Verhalten nachzuvollziehen

Es ist vielfach gezeigt worden, dass ärztliche Anamnesen besser gelingen, wenn meine Kollegen und ich uns mit allen Sinnen auf die Patienten einlassen, statt auf den Computerbildschirm zu starren oder nur mit einem Ohr zuzuhören. Für andere Berufe, bei denen ein intensiver Austausch mit Mitmenschen wesentlicher Bestandteil der Tätigkeit ist, gilt dies genauso - sei es als Lehrer, der Schüler unterrichtet, oder als Verkäufer, der Kunden gewinnen möchte. Wer genau hinsieht, blickt eher durch. …

In der digitalen Welt müssen wir stärker als jemals zuvor aus zahlreichen Angeboten selektieren. Zunehmend mehr Zeit schenken wir dabei unseren Bildschirmen. Das ist keine Kritik an der Nutzung per se, denn das Schreiben einer SMS kann durchaus wichtig sein, das Checken eines Flugterminals vielleicht sogar unverzichtbar. Und natürlich können uns virtuelle Welten auch wunderbar unterhalten. Aber die durchschnittliche Blickdauer in das Handy beträgt jetzt schon täglich 3 Stunden und 40 Minuten und nimmt von Jahr zu Jahr zu. Wo soll das noch hinführen?

Es sollte uns klar sein, dass jede Entscheidung für den digitalen Konsum eine Entscheidung gegen das Verbundensein mit der realen Welt ist. Und diese spielt sich nicht auf 6,5 Zoll eines Handydisplays ab, sondern jenseits des Bildschirms. Wer seine Umwelt und seine Mitmenschen genau beobachtet, schreibt die schöneren Geschichten vom Leben. Und wer sich ganz auf beides einlässt, verinnerlicht sie auch mehr - und erinnert sich besser an sie.
www.kopf-frei.info

Autor/Textnachweis: Thomas Rösch

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